Es gilt als chic, modern und kommunikativ – offenes Wohnen ist seit den 1990ern aus dem Haus- und Wohnungsbau nicht mehr wegzudenken. In diesem durch das Coronavirus geprägten Jahr, in dem viele Menschen mehr Zeit als gewollt zu Hause verbringen, rücken die Vor- und Nachteile der offenen Wohnformen mehr denn je in den Vordergrund.

Die einen schwärmen von der Gemütlichkeit und dem gesellschaftlichen Erlebnis. Die anderen stoßen derzeit mit der Kombination aus Homeoffice und Homeschooling an ihre Grenzen. Und natürlich gibt es durchaus genügend Argumente sowohl für als auch wider offenes Wohnen. Aber dennoch ist dies viel mehr als nur eine weitere vorübergehende Mode der Architekturgestaltung.

Doch was genau versteht man überhaupt unter offenem Wohnen und welche verschiedenen Formen gibt es? Und was ist dran an den gern genannten Nachteilen, die von den Gegnern der offenen Wohnformen angeführt werden?

In diesem Artikel habe ich für Sie die wichtigsten Argumente zusammengefasst, die für und gegen offene Grundrisse im Wohnbereich sprechen. Und Sie bekommen hilfreiche Tipps, wie Sie die Nachteile des offenen Wohnens mindern können. Ganz ohne auf dessen Vorteile verzichten zu müssen.

Was versteht man unter offenen Wohnformen?

Von einer offenen Wohnform oder einem offenen Grundriss spricht man, wenn die Funktionen mehrerer Räume in einem (größeren) Raum zusammengefasst sind.

Wohnküche mit BarDer Klassiker und die zugleich häufigste Form des offenen Wohnens ist die Verschmelzung von Küche, Esszimmer und Wohnzimmer zu einem großen Raum. Oft mit einer integrierten Bar als Übergang zwischen Koch- und Essbereich wird dieser Punkt zu einem beliebten Ort der Kommunikation. Egal ob Sie hier ein kleines Frühstück oder ein Feiertagsbier genießen, oder ob Ihre Kinder die Bar kurzfristig in einen Schreibtisch für die Hausaufgaben umfunktionieren. Eine integrierte Bar ist geradezu prädestiniert dazu, einer der am meisten und vielseitigsten genutzten Bereiche der Wohnküche zu werden. Im Anschluss an den Kochbereich ist meist der Essbereich angeordnet, der dann direkt in den Wohnbereich übergeht.

Weniger häufig sind offene Grundrisse im Schlafbereich zu finden. Die Unterbringung der Funktionen Schlafen, Ankleiden und Baden in einem Raum ist dann doch eher die Ausnahme als die Regel. Auch wenn es ein großzügiges Raumgefühl ergibt, wenn das Schlafzimmer direkt mit der Ankleide und dem Bad verbunden ist, und in Architekturzeitschriften zweifelsfrei schön aussieht. Aber in der Praxis wünschen sich die meisten Bauherrn dann doch mehr Intimsphäre, als es ein Schlaf-Ankleide-Badezimmer bieten kann.

Eine weitere schöne Variante des offenen Wohnens ist die Anordnung einer Galerie, also die Verbindung zweier oder mehrerer Geschoße durch einen Luftraum. Wird der Luftraum in Form einer Dachöffnung bis nach oben fortgesetzt, ist dies eine spannende Möglichkeit, zusätzliches Licht in ansonsten eher dunkle Räume und Nischen zu bringen.

 

Welche Vorteile haben offene Wohnküchen?

Die Vorteile liegen klar auf der Hand. Während Sie das Frühstück zubereiten oder Mittagessen kochen, können Sie nebenbei die Kinder im Auge behalten oder einen Blick auf den Fernseher werfen. Sind Gäste im Haus können Sie Kleinigkeiten auch nach deren Ankunft erledigen, ohne dass Sie vom Geschehen abgeschnitten sind oder gar ungesellig wirken.

Die Vorteile auf einen Blick:

  • Offene Grundrisse verbessern die Kommunikation, da es möglich ist, über die verschiedenen Nutzungsbereiche hinweg miteinander zu sprechen.
  • Kleine Wohnungen und Häuser wirken durch den Wegfall der Zwischenwände großzügiger.
  • Die Räume erhalten mehr natürliches Licht, da keine Zwischenwände das Licht zu den anderen Räumen abschirmen.
  • In der Regel steigt der Wiederverkaufswert, da viele Käufer Wert auf einen offenen Grundriss legen.

 

Welche Nachteile haben offene Wohnküchen?

Man braucht hier gar nichts schönzureden – die Argumente, die als Nachteile der offenen Wohnform angeführt werden, haben selbstverständlich ihre Berechtigung. Ich denke, niemand macht vor Freude Luftsprünge, wenn sich der Geruch von Schweinsbraten und Knödel in der Couch und den Vorhängen festsetzt. Oder wenn der Fernseher auf voller Lautstärke läuft, weil sonst die Küchengeräusche jedes Wort übertönen. Auch in Ruhe lesen oder arbeiten gestaltet sich zwischen Kinderspiel, Küchenlärm und Telefonaten schwierig.

Die Nachteile auf einen Blick:

  • Während des Kochens verteilt sich der Essensgeruch in der gesamten Wohnküche
  • Offene Wohnkonzepte können zeitweise sehr laut sein. Egal ob Küchengeräte, Fernseher oder Kinderlärm – irgendwann kann es selbst lärmerprobten Persönlichkeiten zu viel werden.
  • Es gibt in der Wohnküche keinen Rückzugsort, an dem Sie in Ruhe lesen oder einfach entspannen können.
  • Herrscht Chaos in der Küche, dann wirkt auch der restliche Wohnbereich unaufgeräumt.

 

Tipps für ein gutes Wohngefühl

Wenn Sie jetzt sagen, ja stimmt eh. Aber gibt es denn keine Lösung, um die Nachteile der offenen Wohnkonzepte auszugleichen? Dann habe ich gute und schlechte Nachrichten für Sie.

Die gute Nachricht ist, dass sich (zum Teil) natürlich Lösungen finden, um die Nachteile der offenen Wohnküche abzuschwächen. Die schlechte Nachricht ist, ganz los werden Sie Gerüche und Geräusche bei offenen Wohnkonzepten trotzdem nicht. Wenn Sie auch nach Durchlesen der Tipps immer noch gegen die Wohnküche argumentieren, dann denke ich, dass Sie einfach eher der Typ für einzelne Räume sind. Was ebenso in Ordnung ist.

Fünf Tipps, die zu einem besseren Wohngefühl in Wohnküchen beitragen:

  • Investieren Sie in einen leistungsstarken Dunstabzug, um Gerüche im Wohnbereich zu vermeiden. Am besten mit Abluft direkt ins Freie, alternativ mit Umluft und Aktivkohlefilter.
  • Achten Sie beim Kauf auf geräuscharme Küchengeräte. Das gilt einerseits für den Kühlschrank, die Lüftung und den Geschirrspüler. Aber auch bei Rührmaschine, Mixer und Co gibt es große Unterschiede, was die Geräuschentwicklung betrifft.
  • Ein Geschirrspüler erleichtert nicht nur den Abwasch, sondern hat noch einen weiteren großen Vorteil. So sieht die ganze Küche gleich viel aufgeräumter aus, wenn das schmutzige Geschirr gleich nach Gebrauch in den Geschirrspüler verschwindet, anstatt in der Spüle aufs Abwaschen zu warten.
  • Planen Sie genügend Stauraum in der Küche ein, sodass möglichst wenig auf den Arbeitsflächen herumsteht. Küchengeräte wie Rührmaschine oder Mixer, die Sie nicht täglich brauchen, können Sie gut in großzügigen Unterschränken verstecken.
  • Denken Sie bei der Planung oder Einrichtung der Räume daran, einen zusätzlichen Rückzugsort zu schaffen. Das muss nicht gleich ein eigener Raum sein. Oft genügt es, wenn Sie einfach in einer Nische des Schlafzimmers einen gemütlichen Lesesessel mit kleinem Teppich und Bestelltisch einplanen. An turbulenten Tagen ist das Gold wert, um abschalten zu können.

 

Kann ich auch im Altbau Wände entfernen, um eine großzügige Wohnküche herzustellen?

In den meisten Fällen kann man davon ausgehen, dass dies möglich ist. Je nach Bauart der zu entfernenden Wand, der Statik des Hauses und abhängig von vorhandenen Leitungen ist dies mehr oder weniger aufwändig. Hat die störende Wand eine tragende oder aussteifende Funktion, was sehr oft in alten Gründerzeithäusern in Wien der Fall ist? Dann ist davon auszugehen, dass Sie statt der Wand einen Stahlrahmen einsetzen müssen, was je nach Erfordernis nicht nur sehr aufwändig sondern auch teuer ist. Auch eine Bauanzeige mit passenden Einreichplänen ist in solchen Fällen Pflicht. Um Kosten und Aufwand zu sparen kann man die Wand gegebenenfalls nur in einem Teilbereich abbrechen, sodass sich zwar ein offener Grundriss, aber mit doch deutlich strukturierten einzelnen Nutzungsbereichen ergibt.

 

Welche Alternativen füe offenes Wohnen gibt es?

Ein möglicher Kompromiss wäre, wenn Sie die einzelnen Räume zwar trennen, jedoch zwischen den Räumen große Glaselemente bzw. Schiebetüren anbringen. So können Sie die Räume bei Bedarf großzügig öffnen. Und sollten doch einmal Lärm oder Küchengerüche überhand nehmen, dann schließen Sie die Wandöffnungen einfach wieder.

 

Fazit

Letztlich gibt es auch hier kein richtig oder falsch. Egal ob Sie offenes Wohnen oder doch einzelne Räume bevorzugen – wichtig ist nur, dass Sie jene Form für sich finden, mit der Sie sich selbst wohl fühlen. Denn letztlich bauen Sie nicht für Ihre Gäste oder Ihre Architektin, sondern für sich selbst und Ihre Familie. Und so soll es auch sein.

 

Sie haben bereits ein konkretes Projekt vor Augen, das Sie in nächster Zeit umsetzen wollen?

Kontaktieren Sie mich – wir klären gemeinsam bei einem kostenlosen Erstgespräch die wichtigsten Eckdaten und ich mache Ihnen ein individuelles Angebot!

Text: Eva Wolleitner, Bilder: pixabay.com